Neue "Freunde"

 

Nachdem ich die Terroristen und Spione wenigstens aus meinem Haus vertrieben hatte bzw. glaubte, vertrieben zu haben, wollte ich mein Leben neu ordnen. Ich glaubte, der Spuk sei vorüber. Ich ging aus und fand eine Freundin, was die Schabenbergers aufmerksam verfolgten. Daß jemand bei mir einzog, erlaubten sie nicht. Es gab schon Ärger, wenn mich jemand nur besuchte.

Der alte Schabenberger hatte den ganzen Tag nichts zu tun, außer bei mir vor dem Fenster zu stehen und meine Besuche auf dem Hof abzufangen. "Wer auf meinen Hof kommt ist der Knecht und hat zu machen was ich sage", begann er gewöhnlich seine Begrüßungsrede...

Wenn er nicht lesen und schreiben konnte hieß das nicht, daß er auf den Mund gefallen war. Die meisten ließen sich einschüchtern und wollten mich erst wieder besuchen, wenn ich umgezogen sei. Nur eine nahm es mit ihm auf - sie war ganz in der Nähe aufgewachsen und mußte diesen Menschenschlag kennen. Es eskalierte von Besuch zu Besuch; es drohte eine Polizeiangelegenheit draus zu werden. Leider war ich aber nie zur Polizei gegangen, die "Ermittlungen" hätten vielleicht einen anderen Verlauf genommen. Der SSD hatte großes Glück, daß ich zu gutmütig war und mir viel zu viel gefallen ließ.

Ich fand auch nicht mehr das Vertrauen zu einer festen Beziehung. Ich war ein gebranntes Kind, nachdem eine Freundin (Gudrun Adams) für den SSD gearbeitet hatte und die andere von ihm ermordet worden war (Gabi Ulig). Außer den Schabenbergers (und der Polizei natürlich) war noch jemand anderes, der sich sehr dafür interessierte, wenn ich eine neue Freundin hatte. Dafür, und für die Flankendeckung der Polizei, hatten sie einen speziellen Agenten namens Rudolf (Alfred) Schulenburg herangeschafft, der inzwischen mit mir regelmäßig Tennis spielte. Eines Tages war ich gerade wieder einmal in der Stimmung, die Sache auffliegen zu lassen. Auf der Fahrt zum Tennisplatz sah ich schon wieder die Frau, die sich so tölpelhaft beim Observieren anstellte. (Ihnen waren offenbar die Leute ausgegangen, dass sie jetzt auch Hausfrauen anstellten.) Ich wollte zu ihr hin fahren und mit ihr reden, Genosse Schulenburg hielt mich aber zurück.

Ein anderes Mal wollte ich zur Polizei nach Fürstenfeldbruck gehen, weil sich hier dauernd verdächtige Personen in der Nähe (Der Ort Gernlinden, wo die Tennisplätze waren, lag tatsächlich in der Nähe des Flugplatzes.) eines Militärflugplatzes aufhielten, aber auch davon hielt er mich ab.

Die Flankensicherung der Polizei wurde also durch den SSD gemacht. Ansonsten hatten sie nichts zu befürchten, so konnte sich die Verschwörung gegen mich in voller Breite ausdehnen. (Ich wusste, dass es gefährlich war, zu sagen "die mich observieren", weil man mir sofort gesagt hätte, dass ich einen Verfolgungswahn hätte. Das Gerücht eines unter Verfolgungswahn stehenden Wissenschaftlers hatte der SSD schon in die Welt gesetzt, als es noch gar nicht gebraucht wurde.) Genosse Schulenburg machte seine Arbeit ausgezeichnet. Ich hatte lange keinerlei Verdacht gegen ihn. Dass wir zusammen Tennis spielten, hatte sich per Zufall - sprich SSD - ergeben. Wir spielten später in einer Mannschaft Doppel zusammen und machten manchmal auch Ausflüge, allerdings ausschließlich mit anderen Genossen vom SSD, wie sich später herausstellte. Ihn hatte ich auch als "Zeugen" mit zur Polizei mitgenommen, auch als ich meinen Nachbarn Weber zur Rede stellte...

Man sieht daran wie schlau und weitsichtig die führenden Genossen beim SSD waren (oder war ich nur zu blöd?), sie hatten mich völlig eingewickelt. (Diese Aufgabe hätte sonst vielleicht auch Genosse Müller übernommen, nur spielte er nicht Tennis, außerdem hatte er sich schon mir gegenüber verdächtig gemacht gehabt, weil er unseren gemeinsamen "Freund" Wolfgang Grams immer noch deckte, als sein Bild schon überall aushing.)

In dem Tennisclub Gernlinden, in den man mich mit offenen Armen aufgenommen hatte, waren viele Frauen, die es mir leicht machen würden - etwas zu leicht, wie ich meinte. Wie sich später herausstellte, war dieser Club tatsächlich ein Agentennest. Dort gab es Agenten aller Schattierungen, welche, die systematisch Informationen aus Computern in verschiedensten Betrieben herauszogen und danach in die DDR schafften. Natürlich auch welche, die den Flugbetrieb überwachten, allerdings nicht mit einem Fotoapparat sondern mit einem riesigen Tonbandgerät, daß den ganzen Tag lief und die Geräusche vom nahe gelegenen Flugplatz aufzeichnete. Daraus wurden die täglichen Flugbewegungen analysiert. Der SSD wollte hier auf dem Laufenden sein. (Gegen diese Agenten des SSD wurde nie ermittelt. Sie standen unter dem Schutz der Polizei und des BLKA. Der SSD hatte - gerade wegen dem Flugplatz - die Polizei in Fürstenfeldbruck mit ihren eigenen Leuten überschwemmt. Der SSD sogt sich zu allererst für den Schutz seiner Agenten, dass sie in keinem Fall enttarnt werden können - selbst wenn sie einer anzeigen sollte, wie ich es z.B. mehrfach getan hatte.)

Daß man mich bei allen anderen Clubs wieder weggeschickt - und nur in diesem Club mit offenen Armen aufgenommen hatte, war wieder ein Zufall, den der SSD herbeigeführt hatte. Ich war arbeitslos und hatte tagsüber Zeit zum Tennis spielen, wenn alle anderen arbeiten mußten. Ich suchte also einen Tennisspieler, der tagsüber Zeit hatte. Wie es der Zufall (sprich SSD) wollte, tauchte jemand auf, der ebenfalls Zeit hatte.

 

Rudolf (Alfred) Schulenburg spielte mit mir Tennis und behielt mich ansonsten im Auge und Frau Margot Schulenburg behielt mein Konto im Auge.

 

Er stellte sich mir als "Alfred" Schulenburg vor. Er schien nett zu sein. So spielten wir des öfteren Tennis, was er allerdings erst noch richtig lernen mußte. Im Laufe der folgenden Jahre tat er das auch. Ich lud ihn auch zu mir nach Hause ein, und zeigte ihm auch einige Erfindungen. Er war offensichtlich sehr interessiert daran. Ich war mal wieder etwas zu vertrauensselig. Daß er ein abgebrochenes Physikstudium hatte und nach mir zugezogen war, hätte mir zu Denken geben müssen. Ich wusste doch schon aus "DDR-Zeiten", daß diese Sorte die besten Kandidaten für den SSD waren. Seine Frau arbeitete in irgendeiner Bank und brachte das Geld nach Hause. Er sagte mir nicht in welcher. Ich fand selber heraus, dass sie ausgerechnet in der Filiale der Münchener Stadtsparkasse gegenüber der Knorr-Bremse Arbeitete, wo ich mein Konto hatte. Er sagte mir natürlich nicht, daß er auch Geld verdiente, schon wenn er mit mir Tennis spielte. Beide bekamen ihre Anweisungen in Jugoslawien, wo sie sich regelmäßig mit ihren Vorgesetzten trafen, wenn sie nach Griechenland in den Urlaub fuhren. (Es wäre interessant zu erfahren, ob Hauptmann Wagner aus Potsdam immer zur gleichen Zeit in Jugoslavien Urlaub gemacht hatte.) Er sagte mir auch nicht, daß seine Frau ausgerechnet in der Filiale der Stadtsparkasse anfing zu arbeiteten, wo ich mein Konto eröffnet hatte, nämlich direkt gegenüber der Knorr- Bremse GmbH. (Ich war mit meinem Gehaltsstreifen damals direkt zur nächsten Bank gegenüber der Straße gegangen, wo ich auch mein Konto auch später noch beließ.) Und zwar hatte sie dort angefangen, nachdem ich mein Konto eröffnet hatte. Dies war wichtig für den SSD, denn am Ende ging alles - wie bei den meisten Verbrechen - ums Geld. Der SSD wollte wissen, wer mir Geld gab, wie viel ich noch hatte etc. Sie wollten sich vergewissern, daß die Betriebe, denen sie später verboten, mir Geld zu geben, auch Wort hielten. Sie waren dadurch in der Lage, den Betrieben exakt vorzuhalten, wann sie mir wie viel Geld gegeben hatten, dass sie das Verbot gebrochen hatten. Ich hatte mich immer gewundert, warum nach einer ersten Zahlung nichts mehr kam, warum mir ein Unternehmer nur etwas Geld direkt unterm Tisch zugeschoben hatte, damit ich überleben konnte.

Rudolf Schulenburg war - obwohl er für den SSD arbeitete - lange Zeit nett zu mir. Wir machten Ausflüge mit einer Inge und einer Heidi und er beschützte mich sogar vor den "Terroristen des SSD", wie den Schabenbergers. Dies war ihm auch so befohlen worden, denn sie gehörten zu einer ganz anderen Abteilung des SSD, die unabhängig voneinander operierten, und nicht immer kooperierten. Es war erfrischend für mich anzusehen, wie manchmal zwei Agenten des SSD, aufeinander losgingen, weil sie nicht wussten, daß sie eigentlich auf der gleichen Seite waren. (Sie werden mich übernehmen, nachdem die Terroristen des SSD ihre Chance mit mir gehabt hatten - aber ich will hier nicht vorgreifen.)

In diesem Tennisclub wurde auch manchmal getanzt, es war äußerlich ein sehr netter Club. Es gab auch Frauen, die sich gerne um mich gekümmert hätten. Ich wollte aber nicht noch einmal das Gleiche erleben, wie mit Gudrun. Wie sollte ich ihnen ansehen, ob sie für den SSD arbeiteten oder nicht.

Deshalb machte ich es extra völlig anders. Ich gedachte den SSD auszutricksen. (Der Teufel und Hauptmann Wagner lachten schon).

Ich besorgte mir eine Freundin nun einmal ganz anders. Im Herbst 1980 schrieb ich auf Annoncen in der Süddeutschen Zeitung, nicht ahnend, daß nicht nur mein Telefon, sondern auch meine Post kontrolliert wurde und der SSD seine Leute auch in dieser Zeitung hatte, daß dort ein Koordinator "Paule" (Paul Ammer) sass, der nun dabei war, eine Annonce in die nächste Ausgabe zu setzen, die ihm vom SSD gegeben wurde und so

abgefast war, daß ich einfach darauf hereinfallen mußte. Es wurde das gleiche teuflische Spiel wie mit der Annonce für das Haus, auf das ich einfach hereinfallen mußte. Es war immer genau das, was ich suchte und lesen konnte ich - das wusste der SSD.

So lernte ich Hildegard Manhard kennen, die der SSD gerade für mich herangeschafft hatte. Auch sie hatte allen anderen Bewerbern abgesagt, bis mein Name auftauchte.

Auch sie schenkte mir anfangs gleich ein Bild - nein zwei, doppelt hält besser.

 

Hildegard Manhard.

Damit der SSD mir diese Frau unterschieben konnte, war meine Freundin Gabi Ulig ermordet worden.

 

Sie war so erfolgreich mit mir, daß sie gleich bei der gleichen Zeitung als Zeichensetzerin eingestellt wurde.

Sie war von nun an überall dabei, ob wir auf's Oktoberfest gingen, ich mich mit Herrn Hölz, Herrn Rammelmeier traf, oder eine Besprechung in einer Firma hatte, zum Ski fahren in die Berge fuhr, oder mich irgend jemand wegen meiner Erfindungen besuchte. (Nur ein einziges Mal ließ sie mich alleine auf's Oktoberfest gehen...

Das Abhören meines Telefons, die Kontrolle meiner Post und die Überwachung durch die Schabenbergers und die Webers war ihnen nicht genug. Sie mußten auch noch jemanden in meinem Haushalt haben, jemand, der seiner Aufgabe gewachsen war und nicht gleich aus Angst in alle Einzelteile zerfiel wie die Genossin Gudrun Adams.

Für mich überraschend akzeptierten die Schabenbergers diese Frau, während sie alle anderen vom Hof gejagt hatten. Sie leistete dem SSD ja auch unschätzbare Dienste, wie ich hinterher erfuhr.

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