Operation Rotama
Der SSD mußte mit ansehen, wie der Erfinder große Fortschritte machte. Er baute ein neues Funktionsmodell nach dem anderen. Es kamen immer mehr Interessenten zu seinem Haus. Er knüpfte erste Geschäftsbeziehungen. Es kam aber noch schlimmer, es sah so aus, daß er eine Geldquelle gefunden hatte und damit begann, eine eigene Produktion aufzubauen. Es bestand die Gefahr, daß der Erfinder eines Tages nicht mehr zu stoppen sei. Es mußte gehandelt werden. So wurde die Operation "Rotama" gestartet. Der SSD bot dem Erfinder Hilfe an, eine alt bewährte Methode, sich in das Vertrauen eines jeden Erfinders zu schleichen. Diesesmal reichten aber nicht bloße Versprechungen, es mußte ein Vertrag zur Gründung einer neuen Firma unterzeichnet werden, bis der Erfinder gesprächig wurde und seine letzten Geheimnisse herausrückte. Mit all diesem Wissen war es für den SSD nun ein Kinderspiel, ihm alles zu zerschlagen. Seine Geldquelle wurde ihm auch abgeschnitten. Es war einer der Hauptaktionäre der W&W Pumpen AG gewesen. Die Genossen wunderten sich, wie er das überhaupt so lange geheim halten konnte. Diese Operation wurde als Erfolg abgebucht, obwohl es nicht gelang, ihm einen seiner Prototypen zu entwenden. Den Akteuren wurde nach Abschluß der Operation empfohlen, den Gesichtskreis des Erfinders zu verlassen und umzuziehen. Der Erfinder hat bei der Gründung der Rotama Corporation selbstverständlich keinen einzigen Dollar bekommen, und die Firma war nie wirklich gegründet worden.
Die beiden deutschen Frauen, Helga Burt und Pück Grueschow, zeigten mir den Weg, und zwar nicht nur bei den Ausflügen. Frau Grueschow empfahl mir den deutschen Anwalt Peter Jaensch für meine Einwanderungsangelegenheiten. Anfangs schien es auch so, daß er für mich tätig werden würde, jedenfalls nahm er mein Geld. Ich bin von Geburt aus ein vertrauensseliger Mensch ohne Vorurteile. So machte ich alles, was er mir sagte. Zuerst hatte ich einen Betrieb zu gründen und 50000,-$ zu investieren. Ich tat es. Die offizielle Gründung machte mein Anwalt P. Jaensch, der sich selber gleich in den Vorstand berief. Der Betrieb wurde Willimczik Development Corporation genannt und stand zunächst nur auf dem Papier. Ich wunderte mich nur, daß mich mein Anwalt immer wieder fragte, wieviel Geld ich hätte und wer mich unterstütze. Diese Fragen standen offenbar ganz oben auf der Liste des SSD.
Erika interessierte sich auch für mich persönlich. In einer schwachen Stunde erzählte sie mir, wie sie Peter Jeansch angeworben hatte. Die Methode ist einfach und wirksam. Sie ließ sich bei ihm als Sekretärin einstellen. Dabei erfuhr sie alle seine kleinen und großen Verfehlungen. Sobald sie genug wußte, erpreßte sie ihn damit. So kann jeder Anwalt gezwungen werden, für den SSD zu arbeiten. (Wissen ist Macht, sagte Lenin.)
Mein Anwalt P. Jaensch hat am Ende natürlich keine Daueraufenthaltsgenehmigung für mich bekommen. Das Ganze hat mir nur viel Geld und Zeit gekostet. Ein anderer Anwalt hat es dann Jahre später problemlos geschafftt.
Nach der Vereinbarung von Boston mit Prof. von W. bekam ich Geld für seine spätere Beteiligung am Gewinn. Ich hatte vor, wenn ich keine Lizenz vergeben konnte, eine eigene Produktion aufzubauen. Insofern konnte ich den neu gegründeten Betrieb als Rahmen für eine eigene Produktion gut gebrauchen.. Ich war weit davon entfernt zu glauben, daß ich den SSD schon im Vorstand hatte. Anfangs schien es, daß sich Herr Jaensch sogar mit um den Betrieb kümmern würde. Wir fuhren gemeinsam zu einem Betrieb, der angeblich interessiert wäre. Ich solle alles mitbringen, was ich über meine Erfindungen habe, sagte mir seine Sekretärin Erika Henning. Ich wollte meinen Gesprächspartner vorher anrufen und wissen, was er sehen wolle. Sie gab mir aber nicht seinen Namen. Die Sache wurde sehr geheimnisvoll. Dann fuhren wir gemeinsam hin. Es war ein Unternehmer, der ähnliche Dinge wie die Firma Hölz baute und gerade aus Deutschland zurück gekommen war. Das erste was ich feststellte war, daß er nicht das geringste Interesse an einer Unterhaltung mit mir hatte. Nur aus Höflichkeit setzte er sich überhaupt mit uns zusammen. Frau Henning drängte mich trotzdem, alles über meine Erfindungen zu zeigen und zu erklären. Sie stand schon bereit, alles zu kopieren. Jetzt dämmerte es mir langsam. Der freundliche Unternehmer war nur ein Vorwand, daß ich ihr und Peter Jaensch meine Geheimnisse preisgab. Dieser Trick zog nicht ganz. Die Genossen mußten sich etwas neues ausdenken.
Das, was sich die Genossen neu ausdachten, war die Operation Rotama.
Es begann damit, daß mich Helga Burt und Pück Greuschow zum Essen einluden. Ich war natürlich nicht abgeneigt, mal wieder richtige deutsche Küche zu kosten. Herr Greuschow war jetzt auch anwesend und wir kamen ins Gespräch. Er bot mir Hilfe an, meine Erfindungen auf den Markt zu bringen und hatte offenbar mehr Geld als ich mir vorstellen konnte. Welcher Erfinder hört das nicht
Alle drei vor einer laufendenPumpe in meiner Garage.
Von links nach rechts: Horst Grueschow, Chester R. Brooks, John Adams
Die Visitenkarten der drei Mitbegründer der Rotama Corporation.
gerne? Um sicher zu gehen, daß es nicht bloß wieder ein neuer Trick war, wartete ich, ob er wirklich einen Vertrag mit mir machte. Er brachte einen Experten, John Adams, und einen Buchprüfer, Chester R.Brooks, an.
Alle drei standen eines Tages in meiner Garage vor meiner Erfindung, einer neu entwickelten Pumpe. Herr Grueschow fragte mich was die Pumpe und was der Elektromotor wäre. Er hatte offenbar keine Ahnung, aber dafür hatte er ja seinen Experten; wenn er nur das Geld hat, dann reicht das ja.. Es schien, daß sie wirklich ernst machten. Am 27.11.1991 unterzeichneten wir einen Gründungsvertrag. Die Firma wurde Rotama (Rotationskolbenmaschinen) genannt. Ich wollte nach der Unterzeichnung am liebsten sofort anfangen und stellte vorsichtig die Frage nach dem Gelde. Das habe ich nicht mehr zu fragen, sagte Herr Grueschow scharf, denn wir seien ja jetzt Partner. Dabei stand er auf, um zu signalisieren, daß das Thema für ihn beendet sei.
Seine Stimme erinnerte mich plötzlich an etwas. Es war der gleiche Tonfall, wie ich ihn beim SSD in Potsdam gewöhnt war. Er hat auch verblüffende Ähnlichkeit mit dem damaligen Leiter des Untersuchungsgefängnisses des SSD in Potsdam, kam es mir in den Sinn. Beide waren sehr groß und schlank. Ich war ihm nur ein einziges mal begegnet. Nein, das konnte doch nicht sein, beruhigte ich mich selber. Das hieße ja, daß ich nach jahrelanger Flucht vor den Kommunisten um den halben Erdball wieder in ihren langen starken Armen gelandet wäre! Das wollte ich einfach nicht glauben. Ich merkte aber, daß er offenbar große Erfahrungen im Umgang mit Gefangenen gesammelt haben mußte. Er hatte das perfekte geistige Profil eines Offiziers des SSD. Seine Adresse in Hong Kong
bestärkte meinen Verdacht, denn es liegt nahe, daß die vereinigten Reste von SSD und KGB heute ein neues Hauptquartier in Rot-China haben und über eine Deckadresse in Hong Kong einreisen.
Seine Adresse lautet: Elite Industrial Building, 135-137 Hoi Bun Road, Kwun Tong, Kowloon, Hong Kong.
Jetzt bekam ich langsam das Gefühl, in eine Falle getappt zu sein.
Ich wollte Räumlichkeiten und Maschinen besichtigen, Leute einstellen und so bald wie möglich mit einer Produktion beginnen. Meine Partner wollten nur alle meine Patentunterlagen, Konstruktions-unterlagen und Prototypen. Ich zeigte ihnen alles. Damit waren sie aber nicht zufrieden. Sie wollten alles gleich mitnehmen. Ich gab ihnen einige Unterlagen, aber nicht alles, denn jetzt wollte ich erst sehen, daß die Firma auch wirklich eingetragen wird und jemand investiert. Anderenfalls hätte ich nach den Buchstaben des Vertrages nur Partner, die an meinen Erfindungen beteiligt sind und selbst überhaupt nichts beisteuern.
Nach der Unterzeichnung des Vertrages passierte nichts mehr, abgesehen davon, daß Herr Adams immer wieder zu mir kam, um mehr Informationen zu sammeln. Bei dieser Gelegenheit erfuhr ich, daß er bei den Russen ausgebildet worden war. Er kam alleine zu mir und ließ sich nochmals alles erklären und zeigen. Er gratulierte mir zu dem Verdrängerprinzip, das der SSD schon kannte. (Er hatte es offensichtlich schon vorher gesehen gehabt.) Er sagte aber nichts zu meinem neuesten Prinzip. Nach einer Weile kam er aber wieder und interessierte sich nur noch für dieses Prinzip. Er wollte jetzt einfach alles wissen und alle Unterlagen haben, auch meine neuesten Patentanmeldungen etc. Das war eine wichtige Grundlage für die spätere Sabotage meiner Erfindung. ( Was sie nicht kennen, können sie nicht sabotieren). Heute weiß ich, daß die ganze Operation Rotama reine Spionage war, um eine spätere Sabotage zu ermöglichen. Der Betrieb war nie eingetragen worden. Ich habe keinen einzigen Dollar bekommen.
Ich hätte es auch schon am Vertragstext erkennen können, wenn ich ihn vorher zum Lesen bekommen hätte. In der Geheimhaltungsverpflichtung steht: Horst Grueschow must learn all about these technologies. Es ist eine Aufforderung für mich, ihm meine Erfindungen zu übergeben. Das war auch der Sinn des Ganzen. So steht es auch in den Papieren, die diesen Vertrag vorbereiteten und bei dem Buchprüfer lagen. Der SSD wollte sich durch diesen Trick alle meine Erfindungen unter den Nagel reißen. Selbst wenn er wie versprochen mit einer Herstellung in seiner Firma in Hong Kong begonnen hätte, würde alles heute den Chinesen gehören, weil sie inzwischen Hong Kong übernommen haben - und ich müßte heute vielleicht chinesisch lernen. Er hat aber meineserachtens nicht viel mit irgendeiner Produktion zu tun. Ich glaube eher, daß man das neue Hauptquartier der vereinigten Genossen finden würde, wenn man ihm auf einem seiner Flüge nach Hong Kong folgen würde Hier wäre Raum für Untersuchungen.
Leider habe ich - weil ich immer viel zu gewissenhaft bin - bei der Vertragsschließung auch den Namen meines Geldgebers genannt, damit dieser Vertrag nicht mit dem entsprechenden Vertrag von Boston kollidiert.
(Sein Name wurde dann von jemandem eingefügt, nachdem ich schon unterschrieben hatte.) Das war sehr dumm von mir, denn seitdem versiegte meine Geldquelle bis der Kontakt völlig abriß.
Die Aktion Rotama hatte mich ruiniert.
Nach dieser Aktion ist die Familie Grueschow weggezogen, nach Boca Raton, 3096 NW 60th Street, Florida 33496. Helga Burt ist auch umgezogen. Herr Adams ist ebenfalls verschwunden.
Ich hatte sie später angezeigt und das FBI informiert, aber ohne Ergebnis.
Den gleichen Trick, an meine Erfindungen heranzukommen, hat der SSD dann noch einmal mit einem großen Anwaltsbüro in Sarasota probiert, allerdings erfolglos. Sie müssen sich schon wenigstens die Mühe machen, sich etwas neues auszudenken.
Dafür waren sie aber bis heute sehr erfolgreich, meine Patentanmeldungen und Verwertungsbemühungen zu sabotieren.