Ermittlungen kontra Erfindungen

Dritter Akt

Wenn die Räder einmal rollen...

 

Genosse Mühlbauer hatte seine Arbeit getan. Er hat den Spionageverdacht gut aus heruntergelassenen Jalousien aufgebaut und als geheime Staatsschutzsache in alle Winde verstreut. Damit wurde dem Erfinder der Boden unter den Füßen entzogen. Er hatte alles versucht, an die Unterlagen der Fliegenden Untertasse heranzukommen, was ihm leider nicht gelungen war. Dafür hatte er vollen Erfolg bei der Zerschlagung aller Verbindungen des Erfinders zu Betrieben in Bayern - also in seinem Machtbereich. Dabei hat er sich sehr verdient gemacht. Er war einer unserer besten Genossen. Die Möglichkeiten des BLKA hatten wir aber ausgeschöpft. Wir brauchten neue Amtshilfe, um auch die Geschäftsbeziehungen des Erfinders außerhalb Bayerns zu zerschlagen. Deshalb beauftragte er damit die Polizei in Fürstenfeldbruck, die dies willig tat.

Sie kontaktierten den Rest der Betriebe, die dabei waren, seine Erfindungen zu übernehmen. Wenn diese nicht sofort alles hinschmissen, wurden schärfere Maßnahmen beschlossen und auch durchgeführt.

Als flankierende Maßnahmen zu den Ermittlungen war es gelungen, dem Erfinder neue "Freunde" unterzuschieben, die wertvolle Dienste im Kampf gegen den Erfinder leisteten.

 

Genosse Mühlbauer beim BLKA in München hatte seine Schuldigkeit getan - er konnte gehen. Wenn der SSD einen Genossen verschlissen hatte, standen aber immer sofort andere bereit, die weiter machten. Langsam aber sicher wurde ich von den Rädern der Staatsmacht überrollt, dabei war es unerheblich, ob es die westliche oder östliche war - solange der SSD am Steuer sass.

Nachdem er also meine Akten mit den neuesten Beschuldigungen der Genossin Gudrun Adams/Dötsch geb. Labrenz aufgeladen hatte, gab er sie befehlsgemäß an die Polizei in Fürstenfeldbruck ab.

Die Polizei war begeistert - endlich hatten sie einmal einen interessanten Fall - endlich konnten sie den inzwischen stadtbekannten "Spion" ganz offiziell jagen. Es war für sie überhaupt keine Frage mehr, ob ich einer war oder nicht, denn das wusste ja schon jeder. Ich mußte nur noch "überführt" werden.

Ob ihnen dabei bewusst war, dass sie einen direkten Befehl des SSD ausführten, spielte dabei keine Rolle, solange sie nur das taten, was der SSD wollte.

Die Ermittlungen gingen also weiter, was nach dem Schreiben des Patentamtes an das BLKA nun noch schwerer zu glauben ist - es ist aber tatsächlich passiert!

Nach den Ermittlungen des BLKA begann die Polizei in Fürstenfeldbruck wieder ganz von vorne; sie stellten sich ganz dumm und begannen damit, herauszufinden, was ich eigentlich machte. Dass ich einer war, der den Betrieben eine neue Technologie brachte, anstatt welche zu stehlen, konnte die Polizei nie herausfinden. Das Kesseltreiben gegen mich ging also weiter. Sie observierten mich nun mit allen Kräften - und auf Schritt und Tritt.

Dieser Zustand war bezeichnend für den damaligen Kalten Krieg, der in Deutschland tobte: Ein SSD-Agent im BLKA befiehlt der Polizei mich zu observieren; der SSD, der mich sowieso ständig observierte, observierte nun auch die mich observierenden Geheimpolizisten, ob sie mich auch richtig observierten.

Der SSD hatte eine solide Flankensicherung für die Polizei aufgebaut, weil er Angst hatte, dass die Sache entgleisen könnte, daß einer der Ermittler plötzlich seinen Verstand einschalten würde, und gegen die vielen "Ermittler" ermitteln würde, um herauszufinden, warum hier überhaupt ermittelt wurde. Der SSD konnte ganz beruhigt sein, so etwas ist in Bayern bis heute noch nicht vorgekommen. (Ich weiß, daß sich dies wie eine Glosse anhört, es war aber die Realität, die ich zu durchleben hatte.) Die intensiven Observationen durch verschiedenste Institutionen gingen über viele Jahre weiter - sie haben auch heute noch nicht aufgehört.

Die "Kollegen" haben sich nie gegenseitig richtig gestört, nur ein einfacher Taschendieb brachte sie einmal etwas in Verlegenheit: Ich konnte ja nie etwas verlieren oder fallen lassen, ohne daß es sofort von einer Horde geheimer Ermittler untersucht worden wäre. Ein Taschendieb hatte deswegen bei mir auch keine Chance. Eines Tages stellte ich fest, daß nach dem Einkaufen meine Armbanduhr von meinem Arm verschwunden war. Hatte ich sie verloren? Wurde sie mir gestohlen? Ich fuhr zurück und wollte alle Läden abklappern, wo ich eingekauft hatte. Die Uhr wurde mir sofort zurück gegeben, ohne zu überprüfen, ob sie auch wirklich mir gehörte. Man kannte mich offensichtlich ganz genau und wusste offenbar auch genau, wie sie mir vom Arm gerutscht war, druckste aber rum, es mir zu sagen.

Ein Beispiel soll zeigen, wie die Zusammenarbeit zwischen den normalerweise verfeindeten Organisationen funktionierte. In einem der vielen Observierungsberichte stand u.a., daß ich mich in Olching nach dem Einkaufen mit einer Frau auf der Straße unterhalten hatte. Für die Polizei war dies uninteressant, der SSD aber wollte mehr darüber wissen. Also lief die Polizei auch dieser Frau hinterher und bestellte mich später sogar zu einer Vernehmung über diesen Vorfall. Der SSD wollte mir eine neue Freundin unterschieben und wollte wissen, wer diese Aktion stören könnte. Deshalb sollte die Polizei den Namen dieser Frau von mir erfragen, was sie auch befehlsgemäß tat.

In dieser Art und Weise erfuhr der SSD alles über mich, was er nur wissen wollte - und mußte sich nicht einmal selbst bemühen. Ihm kamen die gebratenen Tauben direkt ins aufgerissene Maul geflogen. Wir müssen rationell arbeiten, pflegte Hauptmann Wagner zu sagen. (Angesichts der großen Gefahr, die alle in mir sahen, liefen die Aktionen gegen mich unter dem Motto, "Ermittler aller Länder - vereinigt euch.")

Während die Polizei sich eingehend mit mir befasste, arbeitete ich intensiv an meinen Erfindungen und deren Vermarktung. (Jeder macht immer das, was er kann.) Ich ahnte nicht, dass der Grund warum mir nichts gelingen sollte, schon an meiner Seite war. Hildegard Manhard war überall dabei. Sie war auch dabei, als ich wegen eines Unterlizenzvertrages in Marktschorgast bei der Firma Langer war. Die Genossin Manhard war sogar bei vertraulichen Besprechungen mit anwesend gewesen, so daß der SSD über alle Einzelheiten genau Bescheid wusste.

Die Zeichnungen der Pumpe, die von der Firma Hölz stammten, sah ich zum erstenmal als ich die Firma Langer in Marktschorgast besuchte. Das erste, was mir ins Auge sprang war, daß dort grobe Fehler drin waren. Die verschiebbaren Schlitze waren z.B. verschwunden. Ich wollte eigentlich darauf bestehen, dass die Firma, die eine Lizenz von einem Erfinder nimmt, auch seine Konstruktionsunterlagen nimmt. Weil die Ingenieure schon so weit vorgeprescht waren und schon Teile nach fremden und falschen Konstruktionsunterlagen fertig waren, blieb mir nichts anderes übrig, als zu versuchen, die Fehler mit den Ingenieuren auszubessern. Zu meiner größten Überraschung weigerten sich die Ingenieure aber, sie machten nur das, was ihnen ihr Chef sagte. Also gab es eine Konferenz, in der ich alles noch einmal wiederholte, dass sie mit dieser Pumpe nicht glücklich werden würden, wenn sie sie nach diesen Unterlagen von Dritten bauen würden. Herr Langer ließ mich den Fehler auch nicht ausbessern. Professor Hölz hätte die Verantwortung für die Konstruktion übernommen, hieß es nur noch am Schluß. (Diese Konstruktion habe ich nicht zusammen mit Herrn Professor Hölz gemacht gehabt. Er kannte sie also überhaupt nicht von mir und sein Bruder hatte sie nie verstanden.)

Das war nun eine höchst seltsame Situation: Man wollte zwar eine Drehkolbenmaschine eines Erfinders bauen, hörte aber nicht auf ihn, schloss ihn völlig aus. Sie ließen mich nicht die Zeichnungen ändern, obwohl sie vom Erfinder dieser Maschine gesagt bekamen, dass dort grobe Fehler wären! Was dachten diese Leute? Dachten sie, dass der Erfinder sich selber sabotieren - auf seinen eigenen Gewinn verzichten wollte?

Mir war nun klar, daß bisher niemand die Funktion meiner Maschine überhaupt in ihren Grundzügen verstanden hatte. Ich hoffte, daß sie später auf mich hören würden, wenn sie sehen werden, daß die Pumpe nicht so läuft, wie sie es sich erhofften. Das ist aber nie geschehen. Im Gegenteil - dann haben sie mir die Schuld in die Schuhe geschoben. Ich wäre ein Scharlatan (weil ich am Ende Recht behalten hatte?)

Was war geschehen? Herr Langer hatte zuerst die Pumpe, die Herr Hölz nach meiner Konstruktion gebaut hatte, gesehen und getestet. Er war danach so begeistert, dass er sie auch haben wollte.

Herr Hölz hat die Konstruktion eines Erfinders, dem er bisher nichts bezahlt hat, für 33900,-DM verkauft (Anhang 163), wobei er Fehler in die Konstruktion eingebracht hatte. (Herrn Langer sagte mir später am Telefon, daß er insgesamt 100 000,-DM bezahlt habe.) Diesen Handel hatten sie mir verschwiegen, weil sie sonst nach dem gültigen Lizenzvertrag etwas hätten abgeben müssen. Ich bin mir sicher, dass der SSD sie dahingehend beeinflußt hat, dem Erfinder nichts abzugeben. Als ich Herrn Langer nun zum ersten Male - natürlich in Begleitung des SSD in Form der Genossin Manhard - besuchte konnte er meinen Worten einfach nicht glauben, dass er die Konstruktionsunterlagen (für die er so viel Geld bezahlt hatte) vergessen sollte und meine nehmen sollte, die ihm nichts kosteten und fehlerfrei waren. Außerdem bot ich ihm an, mit seinen Ingenieuren so lange zusammenzuarbeiten, bis die Pumpe zu seiner vollen Zufriedenheit lief. Er konnte aber schon nicht mehr ehrlich zu mir sein, und folgte dem einmal eingeschlagenen Holzweg bzw. Hölz-weg. Anstatt später auf den richtigen Weg zurückzukehren, beschimpfte er mich nur noch als Scharlatan, wo ich vorher sein "Wunderkind" gewesen war. An diesem Beispiel erkennt man die genialen Fähigkeiten des SSD in der Menschenführung. Sie schafften es, dass eine völlig normale Gruppe von Menschen - anstatt gemeinsam einen technologischen Erfolg auszukosten - aufeinander losgingen, so wie sie es in der ehemaligen "DDR" zigmal durchexerziert hatten. Sie waren und sind die Weltmeister im Zerstören von zwischenmenschlichen Beziehungen. Niemand hat einen Nutzen aus dieser Erfindung gezogen. Das ganze Projekt wurde so oder so vom SSD gestoppt.

Dies wurde unter den Genossen - wie ich später lernte - aber nur als Verteidigungsschlacht angesehen. Ihre Offensive - die Ermittlungen - lief gleichzeitig - und Hand in Hand mit den Behörden. Die Kommunisten bewiesen hier, was sie unter der "Einheit Deutschlands" verstanden.

Sämtliche Aktionen bei den Behörden und von den Behörden gingen immer Hand in Hand mit den Ereignissen, die entweder von mir oder dem SSD direkt ausgelöst wurden, und zwar viel besser, als ich es überhaupt darstellen kann. Die Staatsanwaltschaft bekam zwar viel Unsinn und Lügen in den Akten zu lesen, es gab aber immer einen guten Grund dafür, den allerdings nur der SSD kannte.

Niemand fragte die Polizisten, was sie hier eigentlich taten, wozu sie die Produktion von Erfindungen in verschiedensten Städten und Betrieben auskundschafteten, wenn sie doch einen "Spion unmittelbar am Flugplatz Fürstenfeldbruck" überführen wollten?

Auch die Polizei war "Diener zweier Herren" und machte gleichzeitig ganz unterschiedliche Dinge. Auf der einen Seite füllten sie Bände mit unsinnigem Zeug, auf der anderen Seite machten sie subtile und straff organisierte Sabotage.

Auftragsgemäß machte sich die Polizei nun an die wirkliche Arbeit. Systematisch zerschlugen sie mir nun alle Geschäftsverbindungen, die ich mir außerhalb Bayerns aufgebaut hatte.

So mußte ich Ihnen sagen, wen ich in Berlin anlässlich eines registrierten Fluges nach West-Berlin besucht hatte. Weil ich so schnell wie möglich wieder nach Berlin zurück wollte, hatte ich mit der Pumpenfirma in Berlin-Spandau wieder Verbindung aufgenommen und eine neue Pumpe vorgeführt. Für diese hatten sie Interesse und fingen auch tatsächlich mit der Entwicklung an, aber nur so lange, bis die Polizei dort auftauchte. (Anhang 136)

So hat mir die Polizei in Fürstenfeldbruck den Rückzug abgeschnitten, um ihren Vernichtungsfeldzug gegen mich mit einem totalen Sieg abschließen zu können. (Sonst hätten sie auch die Akten an die Berliner Polizei abgeben müssen, die garantiert nichts gegen mich unternommen hätte.)

Sie gingen dabei vor, wie bei einer militärischen Operation: erst dem Feind den Rückzug abschneiden - dann vollständig vernichten!

Ich war so dumm gewesen, ihnen selbst die Namen der Betriebe zu nennen, die sich mit meinen Erfindungen beschäftigten, weil sie mir gegenüber den Eindruck machten, dass sie mir helfen wollten, den Machenschaften des BLKA ein Ende zu bereiten. Sie täuschten ihr Opfer fast so gut wie der echte SSD. So passierte bei allen Betrieben dasselbe.

Wenn ich nur einen einzigen Betrieb behalten hätte, wäre ich gerettet gewesen.

Das wussten sie aber auch, darum machten sie ihre Arbeit gründlich. Sie hatten überall schnellen Erfolg, nur bei der Firma Hölz nicht. Dort mußte sich der SSD selber noch mehrmals hin bemühen, damit dort die schon laufende Produktion meiner Erfindung eingestellt wurde.

 

Als nach Abschluss der Ermittlungen die Staatsanwaltschaft etwas von der Polizei wissen wollte, weil sie nun auch nicht mehr wusste, was hier überhaupt gespielt worden war, reagierte die Polizei völlig anders. Die Staatsanwaltschaft wollte wissen, wer denn nun eigentlich der Mitteiler gewesen sei. Die Polizei antwortete der Staatsanwaltschaft (Anhang 115), daß sie den Namen nicht herausgeben könne:

" Dem Informant(en) wurde Vertraulichkeit zugesichert..."

Gezeichnet: Luginger - Polizeihauptkommissar

 

(Ich glaube, daß er der Gleiche war, der mich verhaften lassen wollte, weil ich später mit seinem Polizisten Erhard reden wollte.)

Die Verschwörer versteckten sich hinter Paragraphen, und über allem schwebte ein schützender Engel namens Hölzl, der die Auflösung der Polizeistation Gröbenzell verhinderte. (Dass diese Polizeistation ein Nest von Verschwörern war, hatten offenbar auch andere gemerkt und hatten deren Auflösung gefordert.)

Die Frage ist deshalb heute für die Öffentlichkeit noch offen, ob alles normale Polizeiarbeit oder eine Verschwörung gewesen ist.

Ich kann hier unmöglich Hunderte von Seiten Ermittlungen wiedergeben, aber es findet sich an keiner Stelle der kleinste Grund dafür, der einem gesunden Menschenverstand sagen würde: hier muß ermittelt werden. Deshalb muß man mir hier für den Moment glauben. Das Bemerkenswerteste an dem ganzen Haufen Papier ist, daß niemals die einfachsten Fragen auftauchten, wie z.B.: Was soll er denn überhaupt ausspionieren? Oder als Terrorist: Was soll er denn machen, was konkret wirft man ihm vor etc. Wohlgemerkt, die Staatsanwaltschaft fand in all den Jahren absolut nichts gegen mich, nichts einmal Punkte in Flensburg wegen irgendwelcher Verkehrsdelikte! (Das muß sie fast zum Wahnsinn getrieben haben, wo doch bei jedem was zu finden ist, wenn man nur lange genug sucht.)

Dinge, die einem ehrlichen Ermittler sofort ins Auge springen müssten, wurden systematisch "übersehen".

So hatte der Verfassungsschutz dem BLKA mitgeteilt (Anhang32), dass ich eine Erfindung gemacht hätte, die das militärische Gleichgewicht zwischen Ost und West belasten könnte, was von allen Ermittlern ignoriert wurde - ebenso von der Staatsanwaltschaft.

Dann war mir der Sicherheitsbeamte Powers in den USA lieber, der angerannt kam, als ich eine neue Pumpe testete, und ausrief:"wir werden sie stoppen", oder ein Kommunist, wenn er mich anschrie:"Wissen sie überhaupt was sie tun? Sie untergraben die sozialistische Moral mit ihren Erfindungen." Wie Recht er hatte. Meine Kollegen im Motorenwerk Berlin/Johannisthal halfen mir damals in den Sechzigern mit mehr Begeisterung beim Bau meiner ersten Funktionsmodelle, als sie den Befehlen der Partei folgten. (So leicht wie damals sollte ich es nie wieder haben, Funktionsmodelle bauen zu können, dafür sorgten die Kommunisten jetzt.) Nachdem sie einen neuen Dieselmotor entwickelt hatten, mußten sie alles einpacken, damit es zu den Russen verschifft werden konnte. Die Produktion der alten Dieselmotoren mußte eingestellt werden. Das Motorenwerk wurde geschlossen. Die volkseigene Reichsbahn kaufte Dieselloks nur noch von den Russen, die "Taigatiger" genannt wurden, weil sie für europäische Verhältnisse überhaupt nicht gemacht worden waren. Ich wollte den Betrieb mit neuen Produkten, die ich gerade erfunden hatte, retten - die Kommunisten wollten ihn zerstören. Sozialismus hieß ja nichts weiter, als die Zerstörung dessen, was die Bomber nicht ganz geschafft hatten. Insofern hatte er völlig Recht, daß ich die sozialistische Moral untergrub - ja sogar die Grundfesten des Sozialismus, denn ich wollte ein Stück technischen Fortschritt kreieren, aber was nicht ausdrücklich befohlen wurde, war verboten. Ich war im Sozialismus verboten! Jetzt waren die Kommunisten dabei, mich im Westen auch verbieten zu lassen.

Ehrliche Ermittler hätten genügend Gelegenheit gehabt, Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts geheimdienstlicher Agententätigkeit durchzuführen, sogar gegen richtige Agenten. Für das, was sie taten bzw. nicht taten, gibt es nur eine Erklärung: sie waren selbst Mitarbeiter des SSD oder ließen sich zumindest von ihm leiten.

Wie am Ende von Seite 99 der Ermittlungen weiterhin zu lesen ist, gingen sie auch zum Arbeitsamt, um mir eine mögliche neue Arbeitsstelle wieder zu zerstören und mir die Arbeitslosenhilfe streichen zu lassen. Das Arbeitsamt muß dabei übrigens gelobt werden. Es hat sich - im Gegensatz zum Patentamt - nie von diesen Brüdern erpressen lassen. Trotz mehrfacher Versuche von seiten des BLKA haben sie mir nie die Arbeitslosenhilfe gestrichen oder Auskünfte über mögliche neue Arbeitsstellen gegeben - allerdings waren da auch keine.

Dem SSD gelang es aber, einen Teil meiner Arbeitslosenhilfe pfänden zu lassen. Der SSD wusste eher als ich, das der Sohn Dirk von Christine Kappelt/Gerber aus Dresden gar nicht mein Sohn war. Sie heiratete einen Rechtsanwalt Gerber, der genau zum richtigen Zeitpunkt Alimente forderte. (Sie war ja schon 1977 vom SSD ermordet worden.) Er war offensichtlich vom SSD dazu aufgefordert worden. Es gab dafür ein Amtshilfeverfahren zwischen Ost und West, allerdings ohne die Möglichkeit, dass die Vaterschaft festgestellt werden konnte. Den Kommunisten wurde einfach geglaubt. Ich konnte mich dagegen also gar nicht wehren. Das Recht hatte ein Loch. Selbst nach dem Fall der Mauer verwehrten mir die Beamten in Fürstenfeldbruck, die mir meine Arbeitslosenhilfe gepfändet hatten, die Möglichkeit, die Sache untersuchen und eventuell korrigieren zu lassen.

Es wäre auch für jedermann leicht gewesen, herauszufinden, was ich in meinem Keller machte. Ich hätte es gerne jedem gezeigt, der es sehen wollte, so wie ich es sogar meinen Erzfeinden - meinen Vermietern - gezeigt hatte. Ich hätte es natürlich am liebsten im Fernsehen gezeigt, denn damit wäre die ganze Verschwörung mit einem Schlage geplatzt... Einen Polizisten aus Fürstenfeldbruck, der mir eine persönliche Einladung überbrachte, mußte ich praktisch in den Keller zerren, damit er sehen konnte, was dort vor sich ging. Er wollte patu nichts sehen.

Der SSD mußte sich gerade deshalb nach Germering an einen Biertisch bemühen, also weit weg von mir, weil es in meiner Gegend, in Esting, Olching, Gernlinden und sogar Fürstenfeldbruck, allgemein bekannt war, daß ich an Erfindungen arbeitete. Ich habe meine Pumpe sogar öffentlich vorgeführt. Die Bilder dazu hatte ich in meiner Dunkelkammer gemacht - mit "heruntergelassenen Jalousien" natürlich. (Dieselben scheinen im Leben eines Spions tatsächlich eine Rolle zu spielen. Die beiden Agenten gegenüber meinem Haus hier in Florida haben tatsächlich ständig die Jalousien heruntergelassen. Es ist offenbar tatsächlich eine Angewohnheit von Agenten, hinter geschlossenen Jalousien zu leben.)

Ich hatte meine Pumpe im Tennisclub praktisch öffentlich vorgeführt gehabt. Es war allgemein bekannt, daß dies meine Erfindung war, nur die Ermittler konnten davon nicht die geringste Spur finden. Wirklich? Die einzige Erklärung ist die, daß sie derartigen Dingen bewusst aus dem Wege gingen. Die Marschrichtung hatte der SSD festgelegt, davon wichen sie nicht ab. Wenn doch jemand drüber stolperte, wurden derartige Dinge von den Beamten einfach unterschlagen. So fehlen die Seiten über Befragungen in meinem Tennisclub bezeichnenderweise in meinen Akten. Warum wohl?

Die Ermittler haben einfach alle Dinge "übersehen", die ihnen nicht in das vorgezeichnete Bild passten. - in das Bild eines Spions, der aus dem Osten kam.

Hier sind einige Dinge, die ich während der Ermittlungen gemacht hatte, was die Ermittler aber nie herausfinden konnten - oder nicht wollten:

Am 26.3.1980, zu einer Zeit, als die Verschwörung gegen mich schon im Hintergrund lief, habe ich der Frauenhofer Gesellschaft in München eine erste Erfindung zur Verwertung angeboten. Es war ein neuer Bowdenzug, der außer Zugkräften auch hohe Schubkräfte übertragen kann. Das Nächste war eine Kette zur Übertragung von Drehmomenten, die nicht nur in einer Ebene - sondern um alle möglichen Ecken laufen kann. Es sah anfangs so aus, dass die Fraunhofer Gesellschaft mich als Erfinder unterstützen würde, außerdem suchte ich ein starkes Gegengewicht gegen den SSD, um meine Erfindungen zu vermarkten.

Beim Deutschen Patentamt habe ich am 3.8.1981, also zu einer Zeit, als die Ermittlungen gegen mich in vollem Gange waren, folgende Patentanmeldung eingereicht: Verdrängermaschine, insbesondere Ringkolbenmaschine unter dem Aktenzeichen PCT/DE82/00160 (Anhang 84 -113). Diese Anmeldung ist so umfangreich, daß man bequem 10 normale Patentanmeldungen daraus hätte machen können.

Am gleichen Tage habe ich außerdem die Anmeldung "Noppenverschluß" eingereicht, unter den Aktenzeichen P 31 30 664.0 und G 81 22 764.7.

Am 16.2.1982 habe ich eine "drehkolbenartige Rotationskolbenmaschine" (P 32 05 395.9) angemeldet. (Anhang 114)

Ich muß also zwischendurch etwas gemacht haben, auch wenn meine Nachbarn und die Polizei nicht verstanden - was.

Die Patentschrift für mein Starrflügelverdrängerprinzip erschien (Anhang 56-58) mit einem Zusatzpatent (Anhang 59-62).

(Die Patentschrift für meinen Drehkolbenmotor verzögerte sich (10 Jahre nach der Anmeldung) allerdings (Anhang 63-65).)

Auch erschienen Offenlegungsschriften von mir: (Anhang 66-73; Anhang 74-78 ; Anhang 79-83 ; Anhang 84-113).

Die Verdächtigungen, dass ich auf der Schreibmaschine geschrieben hatte, stimmten also voll und ganz!

Ich weiß nicht, ob es einen Erfinder in Deutschland gab, der zu dieser Zeit mehr aktiv war.

Weil alles beim Patentamt öffentlich ausgelegt wird, konnte jeder meine Tätigkeiten leicht verfolgen, nur die Ermittler nicht. Warum wohl?

Teilweise gehen sogar aus diesen Veröffentlichungen meine Geschäftspartner hervor. So steht auf dem Deckblatt einer PCT-Anmeldung als Mitanmelder "Maschinenfabrik Spandau KG Geco-Pumpentechnik GmbH & Co, Berlin". (Diese Anmeldung lag zwar beim Europäischen Patentamt, aber auch in München.) Als ich das Interesse dieser Firma geweckt hatte, um mir eine Lebensgrundlage in Berlin zu schaffen, wollten sie weitere Erfindungen von mir und finanzierten dieses Patent. Nachdem die Polizei in Staatsschutzsachen bei ihnen gewesen war, ließen sie allerdings auch diese Patentanmeldung fallen - ich konnte sie nicht bezahlen und sie verfiel. Niemand baute etwas. So funktionierte die Zerstörung von Ideen, wobei die Polizei in Fürstenfeldbruck die Hauptrolle gespielt hatte. Was sie taten war außerordentlich gut geplant und ausgeführt, so wie es bei Aktionen des SSD üblich war.

Ich arbeitete fieberhaft an meinen Erfindungen, weil ich in ihnen die Lösung all meiner Probleme sah. Es war aber alles von vornherein zum Scheitern verurteilt - ich wusste es nur noch nicht.

Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass der SSD in Bayern genauso viel Macht hatte wie in der "DDR". Ich konnte mir nicht vorstellen, dass intelligente Menschen in den Betrieben die Gerüchte des SSD höher bewerteten als das, was sie schon anfassen und messen konnten. Ich kam schließlich nicht nur mit neuen Ideen, ich kam mit funktionierenden Maschinen, die sie anfassen und vermessen konnten.

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