Ermittlungen kontra Erfindungen

Erster Akt

Der SSD läßt ermitteln

 

Die Genossen Sibylle und Norbert Weber, die das Telefon des Erfinders ständig abhörten, hatten Alarm gegeben. Der Erfinder besprach mit seiner alten Freundin Gabi Ulig aus Berlin ob er wieder nach Berlin - oder sie zu ihm nach Bayern ziehen sollte. Beides war nicht akzeptierbar. Es musste gehandelt werden. (Genosse Grams hatte ja versucht, sie anzuwerben und sie würde drüber reden.) Da sie Wolfgang Grams, der versucht hatte sie anzuwerben, immer noch in ihre Wohnung lies war es leicht einen Selbstmord vorzutäuschen. So wurde der Weg frei für Genossin Hildegard Manhard, die dem Erfinder später untergeschoben wurde. Sie kämpfte nun an vorderster Front und leistete unschätzbare Dienste für die Staatssicherheit der DDR.

Nach der Kündigung bei der Knorr-Bremse GmbH konnten wir sicher sein, dass ihn niemand mehr einstellte - dafür hatten wir gesorgt. Genosse Weber meldete aber, dass der Erfinder in seinem Keller ein eigenes Funktionsmodell baute und dafür zu allem Unglück von einem Herrn Hölz aus dem Allgäu gleich einen Lizenzvertrag angeboten bekam, sodaß Genosse Weber zum Handeln gezwungen war. Wir brauchten jetzt die Machtorgane des Staates in unserer Hand. In weiser Voraussicht hatte er schon einen Herrn Huber angeworben gehabt, über den er Befehlsgewalt hatte und der den Startschuß zu einer neuen Attacke auf den Erfinder gab. Genosse Weber wußte genau, wo man in Bayern die Staatsmacht für eine Verschwörung am besten gewinnen konnte - bei einer besoffenen Fußballmannschaft mit Polizeigewalt!

In der Eile leistete Genosse Weber auszeichnungswürdige gute Arbeit, indem er vom fußballernden Polizisten Erhard eine Anzeige schreiben ließ, bei der das Verbrechen noch nachgeliefert werden konnte. (Dies ist einmalig in der gesamten Kriminalgeschichte!) So bekamen wir die nötige Zeit, um zu entscheiden, ob wir aus dem Erfinder einen Terroristen, Spion oder Entführer machen sollten. (Es waren zu dieser Zeit keine konkreten Aktionen vorbereitet gewesen.) Dies hing auch stark von der Kooperationsbereitschaft der Polizei, des BLKA und der Staatsanwaltschaft ab. Wir hatten überall unsere Freunde, die offiziell gegen den Erfinder vorgehen würden. Sie mußten nur einen Anlaß dazu bekommen, der von anderen Genossen geliefert werden mußte. In einer eilig anberaumten geheimen Besprechung wurden die Ziele und Maßnahmen festgelegt. Die Ziele waren im Einzelnen:

1. Die Unterlagen über seine "Fliegende Untertasse" sollten endlich beschafft werden.

2. Die Überwachung des Erfinders mußte wieder komplett gemacht werden.

3. Es mußte verhindert werden, dass der Erfinder eine neue Arbeitsstelle findet.

4. Es mußte verhindert werden, dass der Erfinder seine Erfindungen verkaufen konnte.

5. Seine Patentanmeldungen sollten zerstört werden, besonders eine bestimmte.

6. Das Ansehen des Erfinders sollte zerstört werden.

7. Niemand sollte etwas über ihn veröffentlichen.

8. Der Erfinder sollte finanziell ruiniert werden.

9. Alle Personen, die den Erfinder unterstützten, sollten aus dem Wege geräumt werden.

Die Genossen bei Polizei, BLKA und der Staatsanwaltschaft bekamen am Schluß den Befehl, den Fall des Erfinders ab sofort zu bearbeiten.

Schulter an Schulter wollten wir nun gemeinsam mit dem BLKA, der Polizei und der Staatsanwaltschaft gegen den Erfinder vorgehen. Es war eine starke Gemeinschaft, gegen die ein Einzelner keine Chance hatte.

Ob er nach den Ermittlungen ein Terrorist, Mörder, Entführer oder Spion sei, spielte keine Rolle - solange er nur ein Schwerverbrecher wäre. Seine Erfindungen würden danach herumliegen wie Giftmüll, den keiner mehr anfassen würde. Das wäre dann der Moment, wo wir anfangen konnten, Ruhe und Ordnung in die Verwertung seiner Erfindungen hineinzubringen. Spezielle Genossen in Frankfurt und Zürich warteten schon lange darauf.

Was mit dem Erfinder selbst geschehen sollte, wurde auch diskutiert. Hier gingen die Meinungen auseinander. Die Altkommunisten wollten ihn nach bewährter Methode eliminieren. Sie kannten nur eine Devise: Tote reden nicht. Andere, die mehr ökonomisch dachten, etwa wie ein Maffia-Boss, wollten die Gans nicht schlachten, die ihnen goldene Eier legt. Wie der Erfinder aber dabei unter Kontrolle gehalten werden konnte, war ein anderes Problem. Die einen wollten ihn in ein Gefängnis bei München stecken, wo man spezielle Erfahrungen hatte. Hitler hatte man dort überreden können "Mein Kampf" zu schreiben; warum also sollte man den Erfinder nicht dazu überreden können, weiter an seinen Erfindungen zu arbeiten, damit die Genossen draußen alles verkaufen konnten?

Andere wollten ihn erst diskreditieren und dann einfach als ihresgleichen betrachten, so wie es nach den Ermittlungen ja sowieso alle tun werden.


In Bayern gingen die Uhren anders - das hatte ich noch zu lernen. Es war offenbar niemand in der Lage, Freund und Feind zu unterscheiden. Mir war grundlos gekündigt worden und niemand stellte mich mehr ein. Ich war in genau der gleichen Situation wie in der "DDR", bevor ich das Ermittlungsverfahren durch den SSD bekam. Wenn das so weiterging...

Konnte sich das Gleiche hier wiederholen, dass ich aus der Gesellschaft ausgeschlossen, und als Staatsfeind gebrandmarkt werde, damit sich niemand mehr für meine Erfindungen interessierte? Deshalb hatte ich ja die DDR verlassen müssen. Ob ich die Bundesrepublik Deutschland eines Tages aus den gleichen Gründen verlassen müßte? Nein, einfach undenkbar! Der "Terror der Arbeiterklasse" hier im Westen - niemals! Ich lebte jetzt in einem freiheitlich demokratischen Rechtsstaat!

Erste kleine Hinweise für eine Verschwörung gegen mich, gab es eigentlich schon überall. Da gab es das seltsame Verhalten meiner Arbeitskollegen, meiner Nachbarn und Vermieter, meiner Freunde aus dem Zuchthaus Cottbus, meiner Freundin und mehr. Ich nahm dies aber alles nicht ernst. Außerdem wußte ich nicht, was ich dagegen tun sollte. (Ich hätte 5 Minuten Sendezeit im Fernsehen gebraucht, um den ganzen Spuk hinwegzufegen. Solch ein Glück aber hatte ich nicht. Eine Lotterie, wo man Sendezeit gewinnen konnte, gab es auch nicht. Veröffentlichungen waren mir auch nicht möglich. Auch das Internet gab es leider noch nicht. Ich hatte keine Stimme.) Wenn ich zur Polizei ginge, nur weil sich alle in meiner Umgebung seltsam verhielten, würde man mich wahrscheinlich nur für verrückt erklären.

 

Die Gemeinde Olching brandmarkte mich mit der Bezeichnung "DDR" in meinem Ausweis der BRD. Dieser Ausweis ähnelte stark dem "PM 12" in der ehemaligen sog. "DDR".

 

Die Gemeinde Olching verhielt sich auch seltsam: Sie hatte in meinen Ausweis hinter meinem Geburtsort Rangsdorf "DDR" eingetragen, was nicht nur nicht üblich war, sondern auch unrichtig, da es die "DDR" 1941 noch gar nicht gab. In den Augen eines politischen Flüchtlings des Völkergefängnisses-DDR ist es sogar eine Gemeinheit. Auf den ersten Blick hätte dieser Ausweis auch in der "DDR" ausgestellt worden sein. In der "DDR" hatte ich den PM12, einen Sonderausweis für Staatsfeinde und hier? Was war das? Ich protestierte dagegen - ohne Erfolg, denn wenn die Räder der Staatsmacht einmal rollen...

(Jemand vom SSD hatte mich bei der Gemeinde Olching gleich bei meinem Eintreffen als Spion oder/und SSD-Terrorist denunziert. Die Gemeinde wollte dies auch deutlich sichtbar machen, weshalb die Gemeinde darauf bestand, dass die "DDR" in meinem Ausweis verankert bleibt - geschehen am 18.10.1979, gezeichnet Stanzel. Also schon lange bevor dem offiziellen Beginn der Ermittlungen und bevor mir bei der Knorr Bremse GmbH wegen angeblicher Spionage gekündigt wurde.)

Der SSD nahm sich offenbar die Freiheit, gegen mich vorzugehen als wenn er hier zu Hause wäre - oder war er es vielleicht sogar?

Ich hätte mit der Sache gleich vor Gericht gehen sollen (hinterher ist man immer schlauer), dann hätte ich die Gemeinde vielleicht zwingen können, den Denunzianten zu nennen. Nein, ich hätte sicherlich nie den richtigen Namen erfahren, denn die Spatzen pfiffen es im ganzen Ort von den Dächern, dass ich "direkt aus Ost-Berlin mit meinem Mercedes als Spion nach Bayern gekommen wäre." Ich lachte drüber, die anderen auch. Ich wußte auch noch nicht, dass solch ein Gerücht in Bayern mehr Gewicht hatte, als jedes geschriebene Wort, denn die Träger dieses Gerüchtes konnten - wie der alte Schabenberger - sowieso nicht lesen. Die besten Kommunikationswege in Bayern waren immer noch die Biertische, wo nicht nur viel getrunken, sondern dabei auch viel geredet wurde, sobald man einige Maß gestemmt hatte - und dies hatte für einen Bayern Gewicht, alles andere nicht.

Ich tat nichts dagegen, denn aus dem Zeitalter der Hexenprozesse sind wir doch raus, glaubte - und irrte ich.

Ich hätte mit einer Klage gegen die Gemeinde natürlich genausowenig erreicht wie mit der Klage gegen die Knorr-Bremse GmbH. Aber es hätte vielleicht wenigstens Protokolle mit meiner Version der Ereignisse gegeben. Ich wußte ja, was der SSD vorhatte, ich hätte also schon vorher sagen können, was kommen wird, und sogar das Ziel des Ganzen nennen können. Ich wußte im Prinzip alles vorher, denn Hauptmann Wagner hatte es mir ja angedroht gehabt, nur konnte ich nichts dagegen tun.

Die Einzigen in Deutschland, die dieses Spiel nicht mitspielten, waren die Amerikaner, die damals noch in Deutschland stationiert waren. In West-Berlin hatten sie sogar die Regierungsgewalt. Deshalb hatte ich am Anfang gut gewählt gehabt, nach West-Berlin zu gehen. Der SSD hätte in Westberlin nie das tun können, was er in Bayern mit mir tat. Dass die Knorr-Bremse mich deswegen nach Bayern gelockt hatte, war mir inzwischen klar geworden. Ich mußte hier so schnell wie möglich weg, dazu brauchte ich aber Geld. Ich bekam aber keine Arbeit mehr, saß also in der Klemme.

Die Kommunisten hatten mir bereits, meine Familie, meine Freunde, das Recht auf Arbeit und das Recht auf meine eigenen Erfindungen genommen, was sie im Osten als einen großen Erfolg des Sozialismus feiern durften. Jetzt gingen sie offenbar daran, im Westen das Gleiche zu tun. Sie wollten zerstören, was es noch zu zerstören gab. Hauptmann Wagner, der so gut lügen konnte, dass selbst der Teufel erschauderte, wenn er sprach und respektvoll den Hut vor ihm zog, hielt offenbar Wort - zumindest sofern es seine Drohungen betraf. Seine letzte lautete: "Im Westen kommen sie auch unter die Räder." Die Räder der Staatsmacht rollten offenbar schon.

Überall wo ich war, reagierten bestimmte Leute sehr eigenartig. das Beispiel der Gemeinde ist nur eines unter vielen... Es war nicht mehr zu übersehen, dass hier eine Verschwörung im Gange war.

Ich mußte mir etwas einfallen lassen, wie ich aus dieser Situation wieder herauskam. Wenn ich nur meine Wohnung in Berlin behalten hätte, dann wäre ich sofort nach der Kündigung bei der Knorr-Bremse GmbH zurück nach Berlin gegangen und die Bayern hätten ihre Verschwörung gegen mich ohne mich machen müssen. Ich wollte zurück nach Berlin und zurück zu Gabi. Ob sie immer noch auf mich wartete?

Bevor der neue Postminister den Mondscheintarif abschaffte, rief ich Gabi Ulig in Berlin an. (Ich hatte sie ja nur links liegen lassen, weil mir die aufregende Flamme Gudrun in die Quere gekommen war, was ich aber schon bereut hatte.)

Sie freute sich sehr, wieder von mir zu hören und wir wurden uns schnell einig. Die Frage für mich war nur noch, ob ich nach Berlin, oder sie nach München kommen sollte. Sie erklärte sich sofort bereit, zu mir zu kommen. Sie hatte offensichtlich nur auf meinen Anruf gewartet gehabt. Sie freute sich sehr darauf. Ich wartete voller Erwartung auf sie - allerdings vergeblich. Sie kam nicht. Ich wußte nicht warum, konnte sie auch aus irgendeinem Grunde nicht mehr erreichen. (Ich wußte ja auch immer noch nicht, dass meine Nachbarn immer mit an meinem Telefon waren.)

Aufklärung bekam ich wieder - wie konnte es anders sein - von Wilhelm Müller.

Er sagte mir, dass sie gestorben sei. Er hatte auch gleich eine Erklärung bereit: Sie hätte Selbstmord begangen. Ich konnte das gar nicht fassen. Mir war sofort klar, dass der SSD die Hände mit im Spiel hatte und einen Selbstmord vorgetäuscht hatte. (Leider ging ich nicht sofort zur Polizei.)

Heute ist immer noch die Polizei-Version die, dass sie "Selbstmord" begangen haben soll. Vielleicht glaubt das auch jemand, denn der SSD hatte in weiser Voraussicht schon lange bevor es passierte, Gerüchte in die Welt gesetzt (in meinem Fall übrigens auch, als ich in Untersuchungshaft war) sie habe Selbstmord Gedanken. Selbst wenn es alle glauben würden, ich glaube es nicht, denn es paßt überhaupt nicht in die Situation. Sie hatte sich sehr darauf gefreut, zu mir zu kommen. Dies ist nicht der Moment für einen Selbstmord!

Fest steht, dass meine Nachbarn Weber dieses Telefonat mit ihr ebenfalls abgehört hatten und es selbstverständlich pflichtbewußt an ihre Vorgesetzten weitergeleitet hatten. Fest steht außerdem, dass der SSD es nicht zuließ (auch heute noch nicht), dass jemand mit mir lebte, der nicht für sie arbeitete. Drittens mußten sie sie ermorden, um das geschehen zu lassen, was danach folgte.

Ich wußte damals natürlich noch nicht, was hier überhaupt gespielt wurde, dass die Situation so todernst gewesen war. Ich hatte im Osten die Kommunisten immer nur ausgelacht; durch ihren Mord an meiner Freundin im Westen mußte ich sie ernst nehmen. Ich konnte mir aber immer noch nicht vorstellen, dass ein derart großes sozialistisches Kollektiv von Spionen, Terroristen und Mördern des SSD ständig mit mir beschäftigt war. Auch kam ich nicht auf die Idee, dass meine Nachbarn ebenfalls tief drin steckten. Ich wußte ja nichts von ihnen - ja nicht einmal, dass sie drei Tage vor mir eingezogen waren, was mich natürlich alarmiert hätte. Sie sprachen nicht mit mir und niemand sprach über sie. Sie taten mir gegenüber sehr unnahbar, während sie die ehemaligen Bauern und Vermieter mit "Chef" anredeten und mit ihnen gemeinsam Bier tranken. Sie gehörten ja auch zusammen. Sie waren eine verschworene Gemeinschaft.

Ich hatte zwar keine Aussicht mehr, einen Arbeitsplatz zu bekommen, aber ich hatte ja immer noch meinen eigenen Kopf und meine beiden Hände.

Ich gab nicht auf und ging auch nicht rückwärts; "immer nur vorwärts" hieß die Parole, die die Kommunisten mir eingebläut hatten.

So hatte ich noch während der Knorr-Zeit - weil dort niemand Teile für mich fertigte - im Keller eine kleine Werkstatt eingerichtet gehabt, wo ich langsam begann, meine Funktionsmodelle selber zu bauen. (So schön wie in Ost-Berlin hatte ich es allerdings nie wieder gehabt, als sich im Motorenwerk Johannisthal niemand darum gekümmert hatte, wenn ich nach Feierabend und am Wochenende einfach die Maschinen benutzt - und mein Zeug selber gebaut hatte. Der Betrieb hatte ja dem Volke gehört, d.h., niemand war da, der sich um ihn kümmerte - und der SSD hatte mich zu dieser Zeit noch nicht unter ständiger Beobachtung.)

Inzwischen hatte ich auch die angefangenen Teile von ABS-Pumpen bekommen, allerdings erst, nachdem ich einen Anwalt eingeschaltet hatte. Auch hier gab es erste Anzeichen einer Verschwörung, die auch für spätere Fälle typisch waren:

Zuerst beginnen sie sofort mit dem Bau eines Prototyps, beenden ihn aber nicht, weil sie inzwischen Kontakt mit dem SSD hatten. Danach funktioniert meine Erfindung plötzlich nicht mehr und aus einem "Wunderkind" wird plötzlich ein Scharlatan und Betrüger...

Diese Firma wollte mir auch nicht mehr die Möglichkeit geben, ihnen das Gegenteil zu beweisen, weshalb sie mir nicht einmal die Teile geben wollten, die bei ihnen nur auf dem Schrott landen würden.

Sie hatten vielleicht das Prinzip wirklich nicht verstanden, weil sie sich nach dem Kontakt mit dem SSD zu sehr auf andere Dinge konzentrierten. Der Weg der Erkenntnis zum Verstehen der Erfindung geht dabei gewöhnlich folgendermaßen: Der erste Blick sagt einem, da ist ein starrer Flügelrotor, eine Scheibe mit Schlitzen und eine Ringnut, also alles einfache Teile. Spätestens wenn man solch eine Maschine zusammenbaut (ohne die Konstruktionsunterlagen des Erfinders), merkt man, dass es so gar nicht geht, denn die Schlitze folgen nicht den Flügeln und umgekehrt. Es klemmt, oder die ganze Sache ist völlig undicht. Dies war die Stufe der Erkenntnis, an der die Ingenieure alles hinschmissen, anstatt nun den Erfinder zu fragen, wie es geht. Sie hatten ja auf meine Konstruktionsunterlagen verzichtet gehabt, weil sie geglaubt hatten, dass die Patentzeichnung reichen würde. (Wenn sie natürlich hinter einer vorgehaltenen Hand gehört hatten, dass es überhaupt nicht gehen könne, schien das der Beweis zu sein, der ihnen heimlich vorausgesagt worden war. Insofern paßte für sie alles zusammen.)

Ich beginne immer dort nachzudenken, wo andere aufhören. Die nächste Stufe der Erkenntnis ist, das erkannte Problem zu lösen. Hilfreich sind dabei natürlich anwendbare Kenntnisse in den "Invarianzeigenschaften geometrischer Gebilde bei schrägen Koordinatentransformationen". (Sorry, so reden Physiker untereinander.) Einfacher gesagt: Wenn man weiß, wie sich ein Winkel bei einer schrägen Projektion auf eine Ebene ändert. Man kann es aber auch praktisch machen, indem man ein Buch nicht liest, sondern in die Sonne hält, damit es einen Schatten auf den Boden wirft. Die Ecken des Buches haben einen unveränderlichen Winkel von 90°. Der Winkel des Schattens des Buches läßt sich aber beliebig verändern, je nachdem, wie man das Buch hält. (D.h.:zwei Winkel von 90° passen nur zusammen, wenn sie nicht schräg zueinander gehalten werden, beide Rotoren sind aber schräg zueinander. Die Flügel passen also nicht in die Schlitze.) Auch dürfen sie andere Gegenstände mit beliebigen Winkeln nehmen. Wenn Sie das eine Weile machen - wie lange Sie das durchhalten, weiß ich nicht - entdecken Sie eine Anomalität. Es gibt einen bestimmten Winkel, der sich nicht verändern läßt, der also "invariant" ist, wie die Physiker sagen. Es ist der Winkel von 180° oder 0° - oder besser gesagt, eine Gerade. Dies ist eine wichtige Entdeckung und kann - wenn man von diesem abstrakten

 

Die Teile, die die Firma ABS-Pumpen entsprechend meiner Patentanmeldung fertigte und dann abrupt fallen ließ, weil sie "etwas Vertrauliches" über mich gehört hatten.

 

Höhenflug zur Praxis zurückkehrt - sofort auf diese Drehkolbenmaschine angewendet werden: Zwei gegenüberliegende Flügel bilden hier einen Winkel von 180° und bleiben in den Schlitzen, auch wenn beide Rotoren mit einem Winkel von 5° zueinander geneigt sind. (Der Winkel von 5° ist ein "magischer Winkel", was etwas komplizierter zu erklären ist.) Eine Pumpe mit nur zwei Flügeln ist möglich, hat aber große Pulsationen. Wie bringt man also das zweite Paar Flügel herein? Die Schlitze für die zusätzlichen Flügel müssen im Scheibenrotor seitlich verschiebbar eingebracht werden, damit keine seitlichen Zwangskräfte zwischen den Flügeln und den Schlitzen entstehen können.

Ein anderer Effekt überlagert diesen noch: Durch die Schrägstellung der Flügel in den Schlitzen werden die Schlitze außerdem aufgeweitet, was aber ein wesentlich kleinerer Effekt ist. Die Ingenieure waren allein nicht in der Lage, diese Probleme richtig zu erkennen, zu analysieren und eine konstruktive Lösung zu finden.

Ich schrieb auf meiner Schreibmaschine folgendes nie veröffentlichtes Manuskript: (Anhang 45a)

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